Ein Tage zum Durchhalten
Manchmal verliert man, manchmal hätte man fast gewonnen
Heute war einer dieser Tage, an denen man merkt, dass das Leben auf See nicht nur aus Sonnenuntergängen und türkisblauem Wasser besteht. Das einzige Ziel für den Tag war, das elektrische Problem zu beheben, das uns in den letzten zwei Tagen daran gehindert hatte, die meisten Systeme an Bord zu nutzen, darunter den Herd, den Wassermacher und die Elektronik. Es war während des Austauschs der Motorhalterung aufgetreten, und unser einziger Hinweis darauf, was los sein könnte, war, dass die Bilgepumpenanzeige aufleuchtete, ganz egal, welches System man einschaltete. Wir hatten nicht die leiseste Ahnung, was die Ursache war.
In den vergangenen Tagen hatten wir kaum etwas gegessen und schon gar nichts Warmes. Um das Loch in unseren Mägen zu füllen, gingen wir am Morgen erst einmal einkaufen, bevor wir wieder mit der Arbeit am Boot begannen. Zum Frühstück gab es Crêpes und frisches Obst, ein kleiner Trost, bevor es zurück in den Motorraum ging. Wir lernen unser Boot nach und nach immer besser kennen, aber noch nicht gut genug, um jedes Kabel zu verfolgen oder genau zu verstehen, wie alles miteinander verbunden ist. Also dachten wir uns: Wenn auf dem Boot „Bilgepumpe“ steht, dann fangen wir eben dort an.
Wir haben zwei Bilgepumpen, eine kleine und eine größere. Also teilten wir uns auf: Alex machte sich an die Pumpen, testete sie, ersetzte korrodierte Verbindungen. Ich hingegen begann, den Kabeln zu folgen, eine wahre Detektivarbeit, denn viele verschwinden in Wänden oder laufen gebündelt durch enge Kabelkanäle. Neben den Pumpen gibt es auch zwei Wassersensoren: einen Kippschalter, der bei Wasser in der Bilge aufschwimmt und die Pumpe aktiviert, und einen elektronischen Sensor an der oberen Kante der Bilge, der bei Kontakt mit Wasser ein lautes Warnsignal durchs Boot jagt.
Alex überprüfte ebenfalls die Sensoren sorgfältig, tauschte Verbinder und Kabel, während ich versuchte, das Gewirr aus Leitungen zu entwirren. Schließlich stellte sich heraus, dass es zwei getrennte Stromkreise gab, die mit der Bilge zu tun hatten und der Alarm-Sensor mit dem Piepton ganz unabhängig von den anderen war. Die kleine Pumpe war zusammen mit dem Schwimmerschalter an einer Sicherung angeschlossen. Die große Pumpe lief über eine Sicherungsbox und dann weiter zum Hauptsicherungskasten und zum leuchtenden Bilge-Licht, aber entlang der Verbindungen schien optisch alles in Ordnung zu sein.
Wir fragten uns, ob vielleicht irgendwo ein Logikboard steckt, das „denkt“, es stünde Wasser in der Bilge und deshalb alles andere abschaltet. Doch ein solches fanden wir nicht. Dann bemerkte Alex, dass der Strom über die Bilge-Glühbirne „verkehrt herum“ floss, ein Hinweis auf ein mögliches Erdungsproblem. Nur: Wo anfangen, so etwas zu suchen?
Wir verfolgten zusätzlich das Kabel, das zum Gasventil führte, wieder nichts. Am Ende verbrachten wir den ganzen Tag im Motorraum, von Schraubenziehern und Kabeln umgeben, ohne dem Problem auf den Grund zu kommen. Immerhin verstanden wir unser Boot jetzt ein Stück besser, nur den Fehler fanden wir nicht. Und warmes Essen gab es auch keines. Der einzige Trost: Der Kühlschrank funktionierte als einziger Verbraucher.
Als die Sonne unterging, wollte Alex noch kurz ins Wasser springen. Ich hatte keine Lust mehr, saß nur still im Cockpit, starrte ins Abendlicht und dachte nach. Nach ein paar Minuten kam Alex zurück, in der Hand ein Insekt. „Niccy, was ist das?“, fragte er beunruhigt. Ich sah es mir an. „Entweder eine Ameise oder... eine Termite?“, meinte ich. Es sah eindeutig nach Letzterem aus.


Ich war zu müde, um wirklich schockiert zu sein, doch ein schneller Blick im Internet bestätigte es: Termiten. Und nicht nur eine – Hunderte. Sie hatten sich auf unserem Boot niedergelassen. Genau deshalb, so sagt man, sollte man im Pazifik kein Holzboot besitzen. Es hatte leicht geregnet, und die Feuchtigkeit hatte offenbar dazu geführt das Schwärme weise Termiten durch die Luft flogen. Sobald sie ein Boot finden, werfen sie ihre Flügel ab und beginnen, sich ins Holz zu fressen.
Alex schloss sofort alle Fenster, während ich mit der Taschenlampe über das Deck lief und die Tiere per Hand beseitigte. Eine Stunde lang kämpften wir uns durch, bis endlich Ruhe einkehrte. Danach saßen wir erschöpft im Cockpit, Alex schnitt etwas Brot und Salami, und wir aßen schweigend.
Frustriert, müde, aber mit einer seltsamen Ruhe fielen wir schließlich ins Bett. Solche Tage gibt es eben auch im Paradies. Tage, an denen man durchhalten muss. Niemand wird kommen, um es für dich zu richten. Du bist auf dich allein gestellt. Und genau das ist ja auch der Reiz daran. Man darf sich nur nicht unterkriegen lassen.
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