Pioniere ebnen den Weg in die Zukunft und doch werden so viele von ihnen vergessen.

Sie tragen die Last der ersten Schritte ins Unbekannte, getrieben nicht von Ruhm, sondern von Notwendigkeit, Mut und etwas Größerem als sie selbst. Unter ihnen ist ein Name, den kaum jemand noch kennt: Enos.

Nur wenige erinnern sich, dass der kleine Schimpanse mit einer Rakete ins All geschossen wurde, dass er trainierte, durchhielt und als erster und einziger seiner Art die Erde umkreiste. Er wollte kein Pionier sein. Er war es einfach. Er war es der den Weg für die Menschheit in den Weltraum ebnete. Mit seinem stillen Mut und seinem leisen Opfer wurde Enos mehr als ein Astronaut, er wurde zum Symbol. Zum Symbol all jener, die ohne Applaus als Erste voranschreiten.

Um seine Reise und die Reisen all der Pioniere zu ehren, menschlich oder nicht, und ihre Opfer, die die Menschheit voranbringen – werden auch wir die Erde umrunden. Nicht mit einer Rakete, aber mit einem Schiff.

Unsere Expedition trägt Enos’ Namen als Erinnerung an Enos, den Raumfahrt-Schimpansen.
Eine Erinnerung daran, jene nicht zu vergessen, die das Unmögliche möglich machten.

Die Geschichte von Enos

29. November 1961 – 10:07 Uhr morgens, Cape Canaveral, Florida. Der Countdown hallt über die Startrampe.

Drei… Zwei… Eins…

Ein donnerndes Dröhnen zerreißt den Morgenhimmel, als Mercury-Atlas 5 abhebt, Flammen züngeln unter seinem silbernen Rumpf. Der Boden bebt. Die Luft vibriert. Hunderte Wissenschaftler, Ingenieure und Visionäre halten den Atem an, während die Rakete in den Himmel schießt.

Wir befinden uns auf dem Höhepunkt des Wettlaufs ins All. Die Sowjetunion hat bereits Menschen in die Umlaufbahn gebracht. Die USA? Kämpfen noch! Ihre Raketen sind eher für Fehlstarts als für Flüge bekannt. Wie der Historiker Howard McCurdy später sagen wird: „1961 konnte niemand stolz auf die NASA sein. Sie konnten nichts anderes als Raketen zum Explodieren bringen. Unsere Raketenprogramme waren lächerlich.“

Doch dieser Flug war kein Witz. Es ist Amerikas erster Versuch, die Erde zu umkreisen und die Lebenserhaltungssysteme zu testen, die später Astronauten ins All bringen sollen. Und in jener winzigen Kapsel, an der Spitze der Rakete, sitzt kein Mensch, sondern ein Schimpanse namens Enos.

Enos, erst fünfeinhalb Jahre alt und 17 Kilogramm schwer, sollte bald zum Raumfahrt-Schimpansen werden. Sein Name, abgeleitet vom hebräischen Wort für „Mensch“, war eine stille, symbolische Anspielung auf seine Rolle. Von der US Air Force trainiert, hatte Enos 1.263 Stunden strenger Vorbereitung hinter sich: Zentrifugentests, Reaktionsübungen, lange Stunden in Isolation. Er war der zweite Schimpanse im All, nach dem verspielten und beliebten Ham, der bewiesen hatte, dass ein Lebewesen eine suborbitale Mission ohne Langzeitschäden überstehen kann.

Enos war ganz anders als Ham. Er war klug. Ernst. Konzentriert - und ja, manchmal auch mürrisch. Vielleicht lag es an den Stromstößen im Training. Vielleicht an den Käfigen. Oder an der beklemmenden Erkenntnis, dass andere Schimpansen, die fortgingen, nie zurückkamen. Ehrlich gesagt, ich wäre wohl auch mürrisch gewesen. Jetzt stand ihm die ultimative Prüfung bevor.

Als die Rakete stieg, drückten 6,8 G die Enos gegen seinen Sitz. Nach der Abtrennung des Boosters waren es sogar 7,8 G. Doch er hielt durch. Die erste Umlaufbahn verlief reibungslos. Enos wurde zum ersten und einzigen Schimpansen, der die Erde umkreiste. Dabei war er fest geschnallt auf einer Bank und musste Aufgaben ausführen. Vor ihm lag ein psychomotorisches Bedienfeld: Lichter, Hebel und Symbole. Er musste den richtigen Hebel ziehen und er würde eine Belohnung bekommen – Fruchtsaft, Wasser, ein Bananen-Pellet. Der falschen Hebel - Ein Stromstoß.

Doch nach der ersten Umrundung begannen die ersten Sachen schiefzugehen. Ein Steuerdüsen-Fehler brachte die Kapsel ins taumeln, und wertvoller Treibstoff musste eingesetzt werden, um die Flugbahn zu stabilisieren. Dann überhitzte das Umgebungskontrollsystem.

Und trotzdem – Enos arbeitete weiter.

Dann plötzlich versagte das Belohnungssystem. Selbst der richtige Hebel brachte nun Schmerz. Doch Enos gab nicht auf. Er hörte nie auf, seine Aufgaben ruhig und mechanisch auszuführen, auch als die Systeme versagten und er für alles Richtige bestraft wurde. Er blieb standhaft: ein stiller Held hoch über der Erde.

Das Kontrollzentrum entschied, ihn nach zwei Umläufen statt drei zurückzuholen. Um 14:28 Uhr, nach 3 Stunden und 21 Minuten im All, landete die Kapsel im Atlantik südlich von Bermuda. Enos hatte es geschafft.

25 Minuten später wurde er von der USS Storms geborgen. Später jubelten die Newsletter mit Schlagzeilen wie „Twist, Enos, Twist!“ NASA feierte den Erfolg. Der Weg war frei – Menschen würden bald ins All fliegen.

Nur ein Jahr nach seinem historischen Flug starb Enos an Durchfall auf der Holloman Air Force Base – ein stilles Ende, ohne Würdigung. Während Ham gefeiert, in einem Zoo untergebracht und bewundert wurde, geriet Enos in Vergessenheit.

Doch wir erinnern uns. Enos war nicht nur ein Versuchskaninchen. Er war ein Pionier. Eine kleine Seele, allein in die Leere geschickt, damit die Menschheit eines Tages den Mond betreten, Planeten erforschen und nach den Sternen greifen könnten.

Wir segeln zu Ehren von Enos und den hunderten Tieren, die so viel gegeben und verloren haben im Namen des Fortschritts. Egal, wie man zu Tierversuchen steht – ihr Opfer haben unsere Reisen ins All vorangebracht und helfen uns, das Leben besser zu verstehen.

Danke, Enos. Du wirst nicht vergessen werden.

Falls du mehr über Enos lesen möchtest:

Cassidy, David, and Patrick Hughes. One Small Step: America's First Primates in Space. First edition. New York: Chamberlain Brothers, 2005.
NASA History: Chapter 12
APA PsycNet - Enos Study
CiteseerX Enos Paper

Schaue dir ein Video von Enos hier an:
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