Motorlager 2.0
Zwischen Rost, Hitze und Herzklopfen
Wir hatten eine wunderschöne Nacht und das erste Sonnenlicht weckte uns pünktlich um halb sechs.
Alex bereitete ein paar Frühstückssnacks zu. Kaffee gab es heute keinen, denn seit gestern Abend funktioniert das Gas, beziehungsweise etwas in der Elektronik, nicht mehr.


Nach dem Zähneputzen, einem kurzen Guten Morgen an die Schildkröten und dem kleinen Frühstück starteten wir direkt in den Tag. Heute wollten wir die letzten beiden Motorlager wechseln. Gestern war alles gut gelaufen, also banden wir den Motor wieder über die Ösen ab und Alex begann mit dem hinteren Lager auf der Backbordseite.
Während er arbeitete, startete ich ein anderes Projekt: das Fenster im Salon. Es dichtete nicht mehr richtig ab, vermutlich wegen der alten Gummidichtung. Also hieß es, Dichtung raus, Silikon abkratzen und alles gründlich reinigen. Ich hatte allerdings nicht damit gerechnet, wie lange das dauern würde. So saß ich also in der Sonne und kratzte unermüdlich altes Silikon heraus.
Nach einiger Zeit kamen gute Nachrichten. Das dritte Motorlager war gewechselt. Fehlte nur noch das letzte, hinten auf der Steuerbordseite, und das sollte es in sich haben.
Dieses Lager war mit einem Flansch direkt am Motor befestigt. Zwei Schrauben mussten gelöst werden, eigentlich kein Problem, dachten wir. Doch der ganze Bereich war unter einer dicken Schicht aus Rost und Dreck begraben. Wir versuchten, alles mit Hammer und Meißel freizulegen, um überhaupt an die Schrauben heranzukommen. Die Schraubenköpfe waren so verrostet, dass man kaum einen Schraubenschlüssel ansetzen konnte, und sie bewegten sich keinen Millimeter.
Zu diesem Zeitpunkt wussten wir nicht einmal, ob es tatsächlich Schrauben oder Bolzen waren. Wir hämmerten, hebelten, fluchten, aber nichts tat sich. Da die Schrauben aus sehr hartem Metall bestanden, kam Ausbohren mit unserem Werkzeug nicht infrage. Also begann ich, den Kopf der ersten Schraube abzusägen, in der Hoffnung, sie später von der anderen Seite herausdrehen zu können. Das Sägen dauerte über eine Stunde.




Währenddessen ging es Alex plötzlich nicht mehr gut. Er sagte, er fühle sich krank, wollte aber trotzdem helfen. Ich bat ihn, sich hinzulegen, doch er kam einfach nicht zur Ruhe. Immer wieder sagte er, er wolle helfen, wisse aber nicht wie. Als ich nach einer Weile ins Cockpit ging, sah ich, dass er ganz blass war. In dem Moment wurde mir klar, dass es ernst war, vielleicht eine kleine Panikattacke. Ich fragte ihn, ob er eine Umarmung wollte. Er nickte, warnte mich aber lachend, ich solle mich nicht anstecken. Doch er hatte kein Fieber und keine anderen Symptome. Nach zwei Umarmungen legte er sich hin, wir lagerten seine Beine hoch und schalteten die Musik aus. Nach einer halben Stunde ging es ihm deutlich besser. Manchmal ist es einfach der Kopf, der eine Pause braucht. Wir waren erleichtert.
Inzwischen hatte ich endlich den ersten Schraubenkopf abgesägt, doch nichts bewegte sich. Dann wollte Alex wieder helfen und begann mit dem zweiten Schraubenkopf. Der Winkel war miserabel, die Sonne brannte, und es ging nur langsam voran. Er versuchte zwischendurch, die Ankerbolzen des Motorlagers zu lösen, doch das Lager selbst war so verzogen, dass sie sich nicht bewegen ließen. Das machte unsere Schläge mit dem Hammer praktisch wirkungslos.
Als ich ihn ablöste, arbeitete ich weiter an dem Schraubenkopf. Es war zäh und ich begann, über Alternativen nachzudenken. Um die Ankerschraube freizubekommen, sägte ich ein Stück des Lagers ab, der Teil, der verhinderte, dass man sie nach oben herausdrehen konnte. Nach einer weiteren halben Stunde war es geschafft. Die Bolzen waren draußen. Ich schlug mit dem Hammer gegen den Flansch und wie durch ein Wunder löste sich die untere Schraube. Da wir so oft darauf gehämmert hatten, waren die Gewinde am Ende beschädigt. Ich nahm eine Feile und formte das Ende zu einem Bolzen. Und tatsächlich, endlich kam die Schraube heraus. Was für ein Glück.
Jetzt fehlte nur noch die obere Schraube. Doch sie saß weiterhin bombenfest. Alex übernahm wieder, schlug mit voller Kraft gegen den Flansch und plötzlich bewegte sich etwas. Das Motorlager war endlich lose. Allerdings steckte der Rest der oberen Schraube noch im Motor. Alex feilte sie so zurecht, dass sie wieder zwei parallele Kanten hatte, setzte den Schraubenschlüssel an und dann, endlich, nach weiteren zehn zähen Minuten drehte sie sich. Kurz darauf war sie draußen. Ein kleiner Jubel ging über das Boot und das neue Motorlager saß endlich an seinem Platz. Das letzte Lager hatte uns ungefähr sieben Stunden gekostet, nur wegen dieser verfluchten Schrauben, aber das war uns in diesem Moment egal.






Nachdem wir alles abgebaut hatten, sprangen wir ins Wasser. Natürlich zur Belohnung und zur Abkühlung, aber auch, um den Dreck und das Öl abzuwaschen. Ganz sauber wurden wir zwar nicht, aber man gewöhnt sich ohnehin daran auf dem Boot dreckig zu sein. Was für ein Tag, anstrengend, schweißtreibend, aber wir hatten es gemeinsam geschafft.




Nur für einen kurzen Moment schauten wir noch nach der Elektrik, doch die Zeit reichte nicht mehr. So endete auch dieser Tag ohne warmes Essen. Morgen, beschlossen wir, wird das unser Hauptprojekt. Ein frisch gebratener Fisch wäre wirklich mal wieder schön.
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