Piraten Heute: Ein Guide für Cruiser zu realen Risiken und gefährlichen Gewässern

Wo Piraten aktiv sind und wie du dich auf See schützen kannst.

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Wenn die meisten Menschen das Wort „Piraten“ hören, denken sie an eine Gestalt aus Legenden, einen starken Seemann mit Augenklappe, einem gefiederten Begleiter und einem längst vergessenen Schiff. Etwas aus Märchen oder Hollywood, nicht aus der wirklichen Welt. Doch Piraten sind keine bloßen Relikte der Vergangenheit. Sie existieren noch immer und können für Hochseesegler eine sehr reale Bedrohung darstellen.

Manche erinnern sich vielleicht an die Entführung der Maersk Alabama im Jahr 2009, ein dramatisches Ereignis, das den Film „Captain Phillips“ inspiriert hat. Das war kein Einzelfall. In bestimmten Regionen der Welt gibt es nach wie vor stille, gefährliche Piraterie – fernab vom Rampenlicht.

In diesem Artikel schauen wir uns an, wo moderne Piraterie heute noch floriert, wie ernst die Gefahr wirklich ist und welche Maßnahmen wir Segler ergreifen können, um sicher zu bleiben. Kurs setzen – wir begeben uns in Gewässer, in denen Mythos auf Realität trifft und Aufmerksamkeit deine beste Verteidigung sein kann.

Definition von Piraterie

An Piraterie ist nichts Romantisches oder Nostalgisches – sie ist eine reale und gegenwärtige Bedrohung. Bevor wir jedoch darauf eingehen, wo und wie sie stattfindet, ist es wichtig zu verstehen, was Piraterie eigentlich bedeutet.

Nach internationalem Recht (UNCLOS Article 101) wird Piraterie definiert als jede gewaltsame oder kriminelle Handlung, die auf See von der Besatzung oder den Passagieren eines privaten Schiffes zum persönlichen Vorteil gegen ein anderes Schiff, dessen Besatzung oder Ladung begangen wird und zwar außerhalb der Hoheitsgewässer eines Landes. Dies schließt auch diejenigen ein, die solche Handlungen unterstützen oder wissentlich Piratenschiffe betreiben.

Doch Piraterie ist nicht die einzige Gefahr. Es gibt auch bewaffneten Raub auf See, der innerhalb der Hoheitsgewässer eines Landes stattfindet, häufig vor Anker liegend oder in Küstennähe. Laut IMO (Resolution A.1025(26)) umfasst dieser jede rechtswidrige Gewalttat, Festhaltung oder Diebstahl, die zu privaten Zwecken in Binnen-, Archipel- oder Hoheitsgewässern begangen wird.

Schließlich gibt es noch den maritimen Terrorismus. Dieser ist für Kreuzfahrer weniger häufig, stellt aber dennoch eine globale Sorge dar. Eine einheitliche Rechtsdefinition existiert nicht, doch er umfasst meist gewaltsame Handlungen oder Drohungen gegen Schiffe, Häfen oder maritime Infrastruktur, die aus politischen oder ideologischen Motiven und nicht aus persönlichem Gewinn erfolgen.

Wo tritt Piraterie auf?

Das Risiko, als Blauwassersegler auf Piraterie zu treffen, hängt stark davon ab, wo man segelt. Auch varrierit das Bedrohungsniveau durch Piraten stark mit der Region. In manchen Gebieten beschränken sich Vorfälle auf Kleindiebstahl oder bewaffneten Raub, während in anderen die Gefahr in Geiselnahmen und gewaltsamen Angriffen besteht.

Glücklicherweise gibt es mehrere Quellen, die Seglern helfen, informiert zu bleiben:

Das CC Commercial Crime Services betreibt das IMB Piracy Reporting Centre, das weltweite Piraterievorfälle verfolgt. Obwohl der Fokus auf Handelsschiffen liegt, bieten die Berichte einen guten Überblick darüber, welche Regionen besonders gefährlich und welche vergleichsweise sicher sind.

Das Caribbean Safety and Security Net (CSSN) ist ein weiteres wertvolles Instrument, speziell für Segler in der Karibik. Es sammelt und teilt direkte Berichte von Fahrtenseglern und bietet wichtige Einblicke in die lokale Sicherheit, etwa wo das Ankern riskant sein kann.

Wer selbst tiefer in die Daten eintauchen möchte, findet eine ausgezeichnete Open-Source Piraterie Datenbank mit über 7.000 Piraterievorfällen von 1993 bis 2020. Auf Basis dieses Datensatzes zeigen die Karten unten alle dokumentierten Piraterieangriffe (links) und die daraus abgeleiteten Hotspots (rechts). Für aktuellere Vorfälle gibt es ein interaktives Live-Mapping-Tool auf GitHub, das Piraterie-Events bis heute visualisiert.

Welche Teile der Welt sollten mit besonderer Vorsicht befahren oder ganz gemieden werden?

Wo sind moderne Piraten heute am aktivsten? Ein Blick auf aktuelle Piraterie-Aktivitäten-Karten gibt uns einen klaren Eindruck davon, welche Regionen man meiden oder zumindest mit Vorsicht ansteuern sollte. Während sich die globale Lage ständig verändert, stechen bestimmte Gebiete immer wieder als Hochrisikozonen für Fahrtensegler hervor:

🔴 Golf von Aden & Küste Somalias

Diese Gewässer gelten trotz eines Rückgangs der Vorfälle in den letzten Jahren weiterhin als Hochrisikogebiet. Angriffe in dieser Region umfassten Entführungen von Schiffen und Geiselnahmen. Für private Schiffe wird dringend davon abgeraten, diese Zone ohne bewaffnete Eskorte oder in Konvoi zu passieren.

🔴 Golf von Guinea (Westafrika)

Derzeit eines der gefährlichsten Gebiete der Welt für Piraterie. Angriffe hier sind oft gewaltsam, viele davon mit Entführungen zur Lösegeldforderung. Selbst große Handelsschiffe mit Sicherheitsteams sind nicht immer geschützt. Für Fahrtensegler ist dies eine No-Go-Zone.

🟠 Venezuela & Südliche Karibik

In dieser Region ist ein deutlicher Anstieg bewaffneter Überfälle zu verzeichnen, besonders gegen Yachten vor Anker. Wirtschaftlicher Zusammenbruch und Treibstoffknappheit haben einige lokale Fischer dazu getrieben, Boote wegen Motoren, Elektronik oder Vorräten anzugreifen. Zwar ist nicht jede Ankerstelle gefährlich, doch sorgfältige Planung und aktuelle Berichte sind unerlässlich.

🟡 Straße von Malakka (Malaysia–Indonesien)

Ein langjähriger Piraterie-Hotspot wegen seiner stark befahrenen Schifffahrtswege und engen Passagen. Die meisten Vorfälle hier betreffen nicht gewaltsamen Diebstahl, und Fahrtensegler sind selten Ziel von Angriffen. Dennoch besteht insbesondere nachts oder beim Ankern das Risiko von Überfällen.

Wie kann man sich schützen?

Auch wenn wir Risikogebiete sorgfältig meiden, gibt es keine Garantie, dass wir nicht doch in eine unangenehme oder sogar gefährliche Situation geraten. Die Frage lautet also: Wie können wir uns auf See schützen?

Wenn wir über Piraterie sprechen, kommt oft die erste Frage (vielleicht weil wir in den USA leben): „Werdet ihr Waffen an Board haben?“ Für uns lautet die Antwort klar nein, und das ist eine bewusste Entscheidung. Abgesehen davon, dass ich mich persönlich nicht wohl dabei fühle, eine Schusswaffe zu benutzen, habe ich auch ernsthafte Zweifel, ob ich sie in einer stressigen Situation einsetzen könnte und ob das überhaupt helfen würde. Tatsächlich kann jede Waffe an Bord potenziell gegen einen selbst verwendet werden. Aber es gibt noch ein viel größeres Problem: die rechtliche Seite. Eine Waffe auf einem Fahrtenboot zu führen, kann ein juristischer Albtraum werden. In manchen Ländern muss man die Waffe anmelden und sicher verwahren, die dann vom Zoll versiegelt und beim Auslaufen erneut kontrolliert wird. In anderen Ländern ist das Einführen von Waffen streng verboten, selbst wenn sie das Boot nie verlassen. Einige Länder gehen noch weiter: Das illegale Mitführen einer Waffe kann schwere Strafen nach sich ziehen, einschließlich Gefängnis oder sogar Todesstrafe. Daher ist das Bewaffnen für uns das Risiko nicht wert.

Glücklicherweise gibt es andere Möglichkeiten, das Risiko zu verringern und die Sicherheit zu verbessern – ganz ohne Waffen. Manche Maßnahmen sind gesunder Menschenverstand, andere basieren auf hart erprobten Erfahrungen von anderen Seglern. Hier sind unsere Erkenntnisse und Überlegungen:

🔐 Boot sichern

  • Installiere zusätzliche Schlösser oder Querriegel, besonders bei Nachtfahrten oder beim Ankern in unsicheren Gegenden and Luken und Niedergang.

  • Verstärkt Fenster mit Sicherheitsfolie oder Rollos, um ein lautloses Eindringen zu erschweren.

🌙 Nachts unsichtbar bleiben

  • Wenn ihr ein Boot nach Einbruch der Dunkelheit hört, schaltet keine Kabinenlichter an.

  • Haltet eine starke Taschenlampe oder Suchscheinwerfer bereit, um den potenziellen Eindringling sehen zu können, ohne das ihr euch klar zu erkennen gebt.

🛡️ Einfache, aber wirksame Abschreckungen

  • Haltet Pfefferspray, einen Schlagstock oder sogar einen Baseballschläger im Cockpit griffbereit.

  • (Notsignalfackeln erwiesen sich als überraschend wirkungslos gegen Eindringlinge.)

  • Überlegt, eine bewegungsgesteuerte Alarmanlage oder Druckmatte an Zugängen zu installieren. Ein lauter Alarm schreckt ab und weckt euch.

  • Ein Signalhorn ist ebenfalls nützlich, um andere Ankerlieger auf euch Aufmerksam zu machen.

📡 Notfalloptionen

  • Tragt einen Satelliten-Tracker oder Notfunkgerät (z. B. Garmin InReach oder EPIRB) mit euch, den ihr im Ernstfall aktivieren könnt.

  • Manche Segler packen eine „Fluchttasche“ mit wichtigen Dokumenten, einem Hand-VHF und weiteren wichtigen Dingen, falls sie schnell fliehen oder Hilfe rufen müssen.

Das Ziel ist nicht, das Boot zu militarisieren. Es geht darum, vorbereitet zu sein, ruhig zu bleiben und es Eindringlingen so schwer wie möglich zu machen. Die meisten Piraten und Diebe suchen keinen Kampf, sondern einfache Ziele. Wenn euer Boot wachsam, gesichert und das Risiko nicht wert aussieht, ist das eure beste Verteidigung. Und zu guter Letzt: Isoliert euch nicht! Bleibt in lokalen Cruisernetzen aktiv, überprüft aktuelle Sicherheitsberichte und tauscht euch mit vorbeifahrenden Seglern aus. Oft werden die besten Informationen von Boot zu Boot weitergegeben.

Zwei gute Videos zum Thema Piraterie wurden von Sailing Nahoa auf YouTube veröffentlicht und sind hier und hier zu finden.

Abschließende Gedanken

Die Welt zu umsegeln bringt immer einige Risiken mit sich, aber Angst sollte niemals der Kapitän deiner Reise sein.
Mit guter Planung, sorgfältiger Vorbereitung und einer ordentlichen Portion Wachsamkeit lassen sich die meisten Gefahren vermeiden. Kenne deine Route, höre auf andere Segler und ergreife kluge Schutzmaßnahmen. Der Ozean ist riesig und wunderschön und ja, manchmal auch wild und beängstigend. Doch für alle, die informiert und vorbereitet bleiben, ist er nach wie vor eines der lohnendsten Abenteuer überhaupt.

Wenn du mehr lesen, unsere Reise weiterverfolgen und uns unterstützen möchtest, würden wir uns sehr freuen, wenn du unseren newsletter abonnieren würdest oder uns auf social media folgen würdest. Jede Form der Unterstützung hält unser Abenteuer am Laufen und wir würden uns riesig freuen, dich an Bord zu haben!