Wenn das Meer seine Wunder zeigt
Ein ganz normaler Tag, der sich in ein kleines Meeresmärchen verwandelte
Nach all dem Trubel der letzten Tage versprachen wir uns, dass dieser Tag ein ruhiger werden sollte, eine sanfte Pause, ein kleines Durchatmen an Bord von Tauha. Der Morgen glitt gemächlich dahin. Alex holte seine Angel hervor und warf Leine um Leine in das spiegelglatte Wasser, in der hoffnungsvollen Vorstellung eines frischen Mittagessens. Die Fische allerdings hatten offenbar selbst einen entspannten Tag eingelegt.
Irgendwann holte uns dann doch die Motivation ein, und wir beschlossen, uns ein paar Bootsarbeiten vorzunehmen. Alex stieg mit den Putzsachen in den Schwimmring hinab. Ein 44-Fuß-Boot zu reinigen klingt machbar… bis man vor Schichten getrockneter Algen steht, die am Rumpf kleben, als hätten sie dort einen Mietvertrag unterschrieben.


Da harte Bürsten das Gelcoat beschädigen würden (und den Algen damit ironischerweise noch mehr Halt geben), blieb uns nur sanftes Schrubben, endloses Abspülen und Geduld. Viel, viel Geduld. Während Alex außen am Rumpf kämpfte, beschloss ich, mir eine unserer widerspenstigen Winschen vorzunehmen, die sich keinen Millimeter mehr bewegen wollte. Ich zerlegte sie Stück für Stück, vorsichtig, darauf bedacht keine Feder den Meeresgöttern zu opfert wurde. Doch das zentrale Teil steckte fest wie ein eingeklemmter Schatz. Nichts rührte sich.
Nach dem Mittagessen gönnten wir uns etwas „Wir haben uns jetzt Spaß verdient“-Zeit. Wir schnappten uns Masken, Schnorchel, Flossen, eine verantwortungslos große Menge Sonnencreme und hüpften ins Dinghy. Der Plan: am kleinen Wrack direkt vor unserem Boot schnorcheln gehen. Doch noch bevor wir an der Boje ankamen, platschte etwas auf der anderen Seite des Riffs. Eine Fish? Wir drehten das Dinghy und sahen zwei Boote auf der anderen Seite des Riffes treiben. Kaum hatten wir genauer hingeschaut, folgte ein weiterer gewaltiger Wasserschlag. Das war definitiv nicht einfach nur ein Fisch. Als wir näherkamen, wurde uns klar was wir sahen. Ein Walbaby! Und es war nicht allein. Zwei ausgewachsene Wale glitten ruhig und majestätisch neben ihm her.
Das Kleine zeigte pure, chaotische Lebensfreude. Es klatschte mit der Schwanzflosse wieder und wieder und spritzte wie ein Kind, das gerade entdeckt hat, dass Wasser Spaß macht. Wir trieben in unserem kleinen Dinghy, völlig überwältigt. Keiner von uns hatte je einen Wal gesehen. Und plötzlich saßen wir hier, in der ersten Reihe, ohne Tour, ohne Erwartung, mit einfach unglaublichem Glück. Wir flüsterten, zeigten, grinsten als wären wir selbst Kinder.
Als die Wale schließlich weiterzogen, glitten wir selbst ins Wasser. Unter uns die gewohnte Magie: bunte Fische, die wie Funken durchs Licht schossen, Muscheln, die sich öffneten und schlossen wie atmende Steine. Wir zogen das Dinghy sanft hinter uns her und trieben durch Korallen.
Dann, in einem flachen Abschnitt, wo die Sicht enger wird, glitt ein Schatten ins Bild. Ein Schwarzspitzen-Riffhai. Genau. Vor. Uns. Nicht riesig, aber groß genug, dass mir kurz die Luft wegblieb. Er glitt elegant und lautlos vorbei und verschwand so schnell, wie er gekommen war. Unser erster echter Hai-Moment. Mein Kopf schwankte zwischen „wow“ und „WOW“.
Nach all diesen neuen aufregenden Eindrücken kletterten wir glücklich zurück ins Dinghy und fuhren strahlend zu Tauha. Glück, das man nicht planen kann, schien heute wie Salz auf unsere haut zu kleben. Und der Tag war noch nicht fertig mit uns. Kurz nach dem wir zurück am Boot waren schwamm die größte Meeresschildkröte, die wir bisher gesehen haben, an unserem Boot vorbei, riesig, friedlich, vermutlich uralt. Ein lebendiges Stück Geschichte.
Als die Sonne unterging, erinnerte uns das Salz daran, dass Duschen absolut notwendig waren. Süßwasser fühlte sich plötzlich wie purer Luxus an. Und weil der Tag ohnehin schon perfekt gewesen war, rundeten wir ihn mit Pizza und Bier in der kleinen Hafenpizzeria ab. Eine winzige Echse gesellte sich zu uns, als wolle sie den Abend offiziell absegnen.
Wale. Ein Hai. Eine riesige Schildkröte. Warmes Wasser. Sonne. Pizza und Bier in Tahiti.
Was kann man sich mehr wünschen?
Manchmal sucht man das Abenteuer. Und manchmal findet es einen ganz von selbst.






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