Wie kann man einen toten Oktopus verlieren

Ein erfolgreicher Tag an Board

Gestern war einer dieser Tage, an denen man abends nur noch schwarz sieht und sich fragt, warum man sich das alles eigentlich antut. Doch nach einer guten Nacht war der Tatendrang zurück. Heute sollte das Elektronikproblem gelöst werden und zwar endgültig.

Mein Papa hatte mir am Telefon noch den Tipp gegeben, alles gegen den Batterie-Ground zu messen, um herauszufinden, ab wann die Werte verrücktspielen. Also bewaffneten wir uns am Morgen mit Multimeter, Notizblock und einer ordentlichen Portion Hoffnung. Alex maß, ich notierte, und gemeinsam hangelten wir uns von Kabel zu Kabel.

Die Spur führte uns zu einem Erdungsboard, an das gleich elf Kabel geklemmt waren. Wir prüften jedes einzeln. Keines von ihnen zeigte uns die erwarteten null Volt an. In einer kurzen Pause lag die Prüfspitze auf Alex’ Bein und das Voltmeter zeigte acht Volt an. „Wie bitte?!“ Von da an war kein Gegenstand mehr sicher. Alex maß alles, was irgendwie leitfähig war, bis hin zum Motorblock. Der zeigte... neun Volt. Warum hatte der Motorblock neun Volt? Es sei denn …

Alex verschwand kopfüber im Motorraum, und wenig später hörte ich ein triumphierendes „Aha!“. Das dicke Grounding-Kabel zur Batterie sah von oben zwar gut aus, doch unten war es völlig durchkorrodiert. Kein Wunder also, dass fast nichts mehr funktionierte, außer dem Kühlschrank, der direkt an der Batterie hing. Der Rest lief über den Motormassepunkt... oder eben nicht.

Und das Bilge-Licht? Das brannte, weil der Strom „rückwärts“ floss, und das Licht der erste Verbraucher in der Kette war. Jetzt ergab alles Sinn!

Wir hatten den Fehler gefunden. Nur fehlte uns ein passende Ersatzkabel in ungefähr 1,5 Meter länge, mit ordentlicher Durchmesser, plus Verbindern. So eines hatten wir nicht an Bord. Also ab ins Dinghy und rüber zum kleinen Marine-Shop. Und tatsächlich: Sie hatten genau das Kabel! Wir fragten den Verkäufer, wie man die Verbinder am besten aufs Kabel bekommt. Er grinste nur: „Mit dem richtigen Werkzeug natürlich.“ Dann, nach einem Moment Stille: „Wenn ihr mir einen Ausweis dalasst, könnt ihr meine Crimpzange ausleihen.“

Wir waren überglücklich, ließen brav den Ausweis da und fuhren mit einer überdimensionalen Crimpzange zurück zum Boot. Alex legte sofort los und eine halbe Stunde später: Alles funktionierte wieder!

Wir konnten es kaum glauben. Nach zwei Tagen Frust und Fehlersuche war endlich der Erfolg da! Durchhalten zahlt sich eben doch aus. Der Herd wurde angefeuert, und wenig später brutzelte der erste frische Fisch in der Pfanne, unser erstes warmes Essen seit Tagen. Es schmeckte fantastisch.

Zwar hatten wir durch das ganze Drama einen Segeltag verloren, aber die Stimmung war endlich wieder richtig gut. Alex brachte die Crimpzange zurück, während ich mich um das Projekt Fenster kümmerte. Nach einer halben Stunde war die neue Dichtung drin. Alex kam mit zwei Rollen fürs Traveller-System zurück. Sie waren nicht perfekt für unser System, aber besser als vorher. Ich montierte sie, tauschte die Schot und die Traveller-Seile aus und ersetzte auch noch die kaputte Umlenkrolle. Dann zogen wir Fock und Großsegel hoch, die noch im Boot lagen, und machten klar Schiff.

Am Abend wurde es richtig schön. Alex kochte seinen ersten frischen Oktopus, während ich eine Lichterkette im Cockpit aufhängte, um etwas Gemütlichkeit zu schaffen. Irgendwann hörte ich ihn durchs Boot rufen: „Wie kann man einen toten Oktopus verlieren?!“ Alex hatte das Kochwasser aus dem Topf mit dem Oktopus ausgegossen und anschließend vergessen, wo er Topf mit Tier hingestellt hatte.

Ich lachte Tränen. Der Spruch des Tages und wahrscheinlich des ganzen Trips.
So endete ein Tag, der mit Hoffnung begann, mit Kabelsalat weiterging und mit einem leckeren Essen und viel Gelächter endete.

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