Winde, die das Meer formen

Wie globale Windsysteme Wetter und Meere prägen und das Segeln beeinflussen.

7 min lesen

Jeder Ozean hat seinen eigenen Rhythmus, kleine Verschiebungen, kraftvolle Strömungen und saisonale Impulse, geformt durch die globalen Windsysteme der Erde. Für Segler ist das Verständnis dieser Muster mehr als nur Wissenschaft, es ist der Schlüssel zu einer sichereren, ruhigeren und lohnenderen Reise. In diesem Beitrag werfen wir einen Blick auf die wichtigsten Windsysteme und Wetterzonen, die das Leben unter Segeln bestimmen: die Innertropische Konvergenzzone (ITCZ), die Passatwinde, die Westwinde, die Monsune, die Zone der variablen Winde, tropische Squalls und tropische Wirbelstürme. Lass dich vom Winde verwehen.

Solare Erwärmung - die Geburt der ITCZ

Am Äquator trifft Sonnenlicht direkter auf die Erde als an den Polen. Dadurch erwärmen sich sowohl die Luft als auch der Ozean stärker. Als Folge steigt warme Luft in Äquatornähe auf und bildet eine Tiefdruckzone, die als Innertropische Konvergenzzone oder ITCZ (Intertropical Convergence Zone) bekannt ist. Aus beiden Hemisphären strömt Luft heran, um das Tiefdruckgebiet auszugleichen. Da die Winde jedoch aus entgegengesetzten Richtungen kommen, heben sie sich horizontal auf und die vertikal Bewegung überwiegt. Heiße, feuchte Luft steigt auf, was oft zur Bildung von gewaltigen Wolken, Böen und Gewittern führt.

Diese Zone wird auch als "Kalmen" oder im Englischen "Doldrums" bezeichnet – ein Albtraum für Segler in Zeiten vor dem Motor, da der Wind tagelang schwach, wechselhaft oder gar völlig ausbleiben kann. Gleichzeitig sorgen die intensive Sonneneinstrahlung und die aufsteigende feuchte Luft für eine heiße, drückende und gewitterreiche Atmosphäre.

Die ITCZ bleibt jedoch nicht fest über dem Äquator. Aufgrund der Neigung der Erdachse verschiebt sich die Zone der maximalen Sonneneinstrahlung mit den Jahreszeiten nach Norden und Süden:

  • Zur Tagundnachtgleiche (März und September) liegt sie in der Nähe des Äquators.

  • Im Sommer der Nordhalbkugel verschiebt sie sich nach Norden.

  • Im Sommer der Südhalbkugel wandert sie nach Süden.

Wie Passatwinde entstehen: Die Hadley-Zelle

Wie passen die Passatwinde in das Gesamtbild? Der Begriff „Passat“ stammt vom altenglischen Wort „trade“, das so viel wie „regelmäßiger Pfad“ oder „Handelsroute“ bedeutete. Diese Winde wurden während des Zeitalters der Entdeckungen unverzichtbar: Europäische Segelschiffe nutzten sie, um schneller und sicherer über den Atlantik zu reisen, etwa von Europa in die Karibik. Aber was genau sind Passatwinde, und wie entstehen sie?

Die aufsteigende Luft am Äquator verschwindet nicht einfach. Sie bewegt sich hoch oben in der Atmosphäre in Richtung 30° Breite, wo sie abkühlt und absinkt. Dadurch entsteht ein Zirkulationsmuster, das als Hadley-Zelle bekannt ist. Die absinkende Luft bei etwa 30° Nord und Süd erzeugt Hochdruckzonen. Am Boden strömt Luft zurück in Richtung Äquator, um die aufsteigende Luft zu ersetzen. So entsteht ein beständiger Wind in Richtung Äquator. Aufgrund der Erdrotation wird dieser Wind durch den Coriolis-Effekt abgelenkt:

  • Auf der Nordhalbkugel nach rechts – es entstehen die nordöstlichen Passatwinde.

  • Auf der Südhalbkugel nach links – es entstehen die südöstlichen Passatwinde.

Diese Winde sind in der Regel beständig und verlässlich, wehen typischerweise mit 15–25 Knoten, bringen gutes Wetter, blauen Himmel und nur gelegentlich kleine Wolken. Der Luftdruck bleibt relativ stabil. Passatwinde sind allerdings nicht das ganze Jahr gleich stark. Sie sind am kräftigsten und stabilsten während der Trockenzeit jeder Hemisphäre. Warum?

  • Der Temperaturkontrast zwischen den Subtropen und dem Äquator ist in der Trockenzeit stärker und stabiler.

  • Die ITCZ verschiebt sich aus der Region und verringert den Einfluss von Gewittern und Windflauten.

In der Trockenzeit der Nordhalbkugel (Nov–Mai) verschiebt sich die ITCZ nach Süden – die NE-Passateverstärken sich.
In der Trockenzeit der Südhalbkugel (Mai–Okt) wandert sie nach Norden – die SE-Passate werden kräftiger.

Die Trockenzeit bringt auch weniger Stürme, weniger Konvektion und weniger atmosphärische Störungen – das heißt: konstantere Winde.

Fun Fact: Der 12-Stunden-Luftdruckpuls

Beim Segeln in den Passatwinden, selbst bei schönstem Wetter, kann man beobachten, dass der Luftdruck etwa alle 12 Stunden leicht steigt und fällt. Der Grund dafür sind solare atmosphärische Gezeiten. Diese haben nichts mit den Ozeangezeiten zu tun, sondern entstehen durch die Erwärmung der Erdatmosphäre durch die Sonne.

Da die Sonne die Atmosphäre im Tagesverlauf ungleichmäßig aufheizt, dehnt sich die Luft rhythmisch aus und zieht sich wieder zusammen, es entstehen global skalierte Druckwellen. Das führt zu einem zweimal täglich wiederkehrenden Luftdruckzyklus, der selbst dann messbar ist, wenn kein Wettersystem in der Nähe ist.

CREDIT: Background from NASA

Westwinde (Westerlies)

Am Rand der Passatzone beginnen die Westwinde, auch bekannt als Westerlies. Es handelt sich hierbei um vorherrschende Winde, die von Westen nach Osten wehen. Sie dominieren die Region zwischen etwa 30° und 60° geografischer Breite auf beiden Hemisphären.

Im Gegensatz zur Hadley-Zelle, die Luft zum Äquator treibt, wird diese Zone von der Ferrel-Zelle gesteuert, in der die Luft an der Oberfläche polwärts strömt. Die Westwinde sind stärker und variabler als die Passatwinde, besonders auf der Südhalbkugel, wo nur wenig Landmassen ihre Strömung stören.

In diesen Breiten ziehen häufig Tiefdrucksysteme durch, die schnelle Windwechsel und kräftige Böen mit sich bringen.

  • Zwischen 30° und 40° sind Windgeschwindigkeiten von 10–20 Knoten typisch – oft böig und wechselhaft.

  • Weiter südlich, in den sogenannten Roaring Forties und Furious Fifties (40°–60°), erreichen die Winde regelmäßig 20–35+ Knoten, teils über längere Zeit, begleitet von großen Ozeandünungen.

Diese Zone ist ideal für schnelles, ostwärts gerichtetes Segeln, birgt jedoch auch Herausforderungen und Gefahren. Insbesondere bei westlicher Kursrichtung oder auf Routen um große Kaps wie das Kap Hoorn oder das Kap der Guten Hoffnung.

Wechselhafte Winde (Variable Winds)

Genau zwischen den gleichmäßigen Passatwinden und den kräftigeren Westwinden liegt typischerweise zwischen 25° und 35° geografischer Breite die Zone der wechselhaften Winde – auch bekannt als Subtropenhoch oder auf Englisch Horse Latitudes. Diese Zone befindet sich an der Grenze zwischen der Hadley-Zelle und der Ferrel-Zelle, wo Luft absinkt. Das führt zu einem Hochdruckgebiet mit leichten, drehenden oder völlig ausbleibenden Winden.

Für Segler bedeutet das oft:

  • Langsames Vorankommen

  • Intensive Sonneneinstrahlung

  • Lange Motorstrecken, falls möglich

Obwohl diese Zone meist relativ schmal ist, erfordert sie gutes Timing, um sie effizient zu überqueren und wieder in verlässlichere Windgürtel zu gelangen.

Monsune

Monsune sind großräumige, saisonale Windsysteme, die durch die ungleiche Erwärmung von Land und Meerentstehen. Sie wechseln ihre Richtung zwischen Sommer und Winter. Hauptsächlich treten sie im Indischen Ozean und in Südostasien auf. Sie liegen zwischen der Hadley-Zelle und der äquatorialen Zone, wo starke Erwärmung eine kräftige saisonale Zirkulation antreibt.

Der Begriff „Monsoon“ stammt vom arabischen Wort für „Jahreszeiten“ – und das ist kein Zufall:

  • Im Sommer erwärmt sich das Land schneller als das Meer.
    → Feuchte Meeresluft wird angesogen
    → Starke Südwestmonsune mit heftigen Regenfällen

  • Im Winter kehrt sich das Muster um.
    → Trockene Nordostwinde wehen vom Kontinent aufs Meer

Für Segler bedeutet das, das Timing ist entscheidend. Wer den richtigen saisonalen Wind nutzt, profitiert von schnellen, effizienten Überfahrten. Wer dagegen ankreuzen muss, dem drohen gefährliche Bedingungen oder eine unmögliche Passage.

CREDIT: NOAA/JPL

Stürme

Tropische Squalls sind plötzliche, kurzlebige, aber intensive Stürme, die hauptsächlich in der Nähe der Innertropischen Konvergenzzone (ITCZ) entstehen – dort, wo sich warme, feuchte Luftmassen aus beiden Hemisphären treffen und aufsteigen. Sie treten meist zwischen 5° und 15° nördlicher oder südlicher Breite auf, sind ganzjährig möglich, aber häufiger und stärker in der Regenzeit, wenn die Meerestemperaturen hoch und die Luftfeuchtigkeit extrem sind.

Squalls entstehen meist am späten Nachmittag oder in der Nacht, ausgelöst durch starke Konvektion über warmem Ozeanwasser. Sie bringen oft:

  • Böen von 25 bis 40 Knoten oder mehr

  • Starkregen

  • Blitze

  • plötzliche Winddrehungen

Squalls dauern in der Regel weniger als eine Stunde, können jedoch erhebliche Auswirkungen haben – vor allem, wenn man unvorbereitet mit zu viel Segelfläche oder bei eingeschränkter Sicht erwischt wird.

Tropische Wirbelstürme sind große, mächtige Tiefdrucksysteme, die sich über warmen tropischen Meerenbilden – meist zwischen 5° und 20° Breite, nördlich oder südlich des Äquators. Je nach Region tragen sie unterschiedliche Namen:

  • Hurricanes im Atlantik und Nordost-Pazifik

  • Taifune im Nordwest-Pazifik

  • Zyklone im Indischen Ozean und Südpazifik

Sie entstehen, wenn Wassertemperaturen über 26–27 °C steigen. Dies führt zu intensiver Verdunstung und Konvektion. Steigende warme, feuchte Luft beginnt sich durch die Corioliskraft zu drehen und formt ein rotierendes System mit: einem ruhigen Auge im Zentrum von gewaltigen Winden umgeben, anhaltenden Windgeschwindigkeiten über 64 Knoten (119 km/h), extremen Regenmengen, hohen Wellen und Sturmfluten. Wenn du mehr wissen willst, lies unseren Blogartikel über Hurricanes, Taifune und Zyklone.

Im Nordatlantik und der Karibik ist Hurrikansaison von Juni bis November mit dem Höhepunkt im September. Hingegen können im Nordwestpazifik (Asien) Taifune fast ganzjährig auftreten, am häufigsten von Mai bis Oktober. In der Südhalbkugel (Indischer Ozean & Südpazifik) ist die Zyklonsaison von November bis April, Höhepunkt etwa Januar bis März. Die Grafik unten zeigt, welche Regionen der Erde zu welchen Zeiten befahren werden sollten (außerhalb der Sturmsaison).

Für Segler gehören tropische Wirbelstürme zu den gefährlichsten Bedingungen auf See. Routen müssen sorgfältig geplant werden, um Zyklonzonen in ihrer aktiven Zeit zu vermeiden. Wer in den Tropen unterwegs ist, sollte den Wetterberichte ständig im Blick behalten, Notfallpläne zur Sturmvermeidung haben und die sicheren Breiten und Zeiten für Ozeanüberquerungen kennen.

Credit: Background NASA

Wenn du mehr lesen, unsere Reise weiterverfolgen und uns unterstützen möchtest, würden wir uns sehr freuen, wenn du unseren newsletter abonnieren würdest oder uns auf social media folgen würdest. Jede Form der Unterstützung hält unser Abenteuer am Laufen und wir würden uns riesig freuen, dich an Bord zu haben!